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Historie des DRK OV Wedel

1909 bis 1918

Wedel Anfang 1900 – mehr Dorf als Stadt im Kaiserreich. Die Ver­einigung mit Schulau stand bevor und man freute sich über die neue Eisen­bahn­verbindung nach Hamburg. Es entstand eine kleine, aber aufstrebende Industrie. Die soziale und medizinische Versorgung war jedoch schlecht. Es gab wenige Ärzte und natürlich noch kein Krankenhaus. Bedürftige waren angewiesen auf aktive Nachbarschaftshilfe.

Jedoch: Schon 1888 gab es in Pinneberg einen „Verein zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger“, an dem auch 9 Bürger aus dem damals noch selbständigen Schulau teilnahmen. Dieser Verein basierte auf der Genfer Konvention von 1864. Auf der im Archiv der Stadt Wedel liegenden Mitgliederliste tauchen Familiennamen auf, die auch heute noch bekannt sind. Daher sind Aktivitäten im Sinne des Roten Kreuzes schon älter als 100 Jahre – der eigenständige Rotkreuz-Verein in Wedel bildete sich allerdings erst 21 Jahre später.

Führende Persönlichkeiten Wedels beschlossen 1909 im Geiste der sozialen und humanitären Ideen von Henry Dunant, dem Begründer des Roten Kreuzes, die Gründung des „Vaterländischen Frauenvereins vom Roten Kreuz“. Anna Eggers, die Frau des seit 1902 amtierenden Bürgermeisters Friedrich Eggers sowie Pastor Thode, Schulrektor Schulz, seine Frau und Haupt­lehrer Haug zeichneten als Gründungsmitglieder verantwortlich. Anna Eggers wurde zur Ersten Vorsitzenden gewählt.

Aufgabe war es, sich um die Betreuung von Kranken, Alten, Kindern und Säuglingen zu kümmern. Die Stadt Wedel mit dem gerade eingemeindeten Schulau wurde dafür in neun Bezirke unterteilt. In jedem Bezirk wurde eine Bezirksfrau bestimmt, die die soziale Betreuung der Bürger gewährleisten sollte. Damit wurde in Wedel erstmals ein soziales Betreuungsnetz geschaffen, das sich in den kommenden Jahren bewähren sollte. In einem historischen Bericht des Vereins über jene Gründerzeit heißt es: „Keine Not, keine Krankheit, kein Kummer und vor allem keine Geburt blieb den Bezirksfrauen verborgen. Es wurde geholfen, wo immer es möglich war“. Spenden - neben wenigen Geldbeträgen vor allem Naturalien – linderten die Not und ermöglichten häusliche Krankenpflege. Wöchnerinnen bekamen etwa 14 Tage lang für sich und ihre Familie ein warmes Mittagessen. Das war zu dieser Zeit eine kleine soziale Revolution.

Der erste Weltkrieg veränderte die Arbeit des jungen Vereins. Es wurden Pakete für Lazarette und die Frontsoldaten gepackt, genäht und gestrickt sowie Verbandzeug hergestellt. Weitab von den Kriegsereignissen entwickelte sich die Arbeit in Wedel weiter: Eine hauptamtliche Krankenschwester wurde eingestellt. Neben der Kranken- und Altenpflege assistierte diese erste Wedeler Rotkreuzschwester auch dem prakti­zie­renden Arzt bei gele­gent­lichen Hausoperationen. Durch ihre medizinische Ausbildung verstand sie sich auch auf die Durchführung von Narkosen.

In einem Raum im alten Rathaus an der Austraße bot der Frauenverein in vierzehntägigem Rhythmus eine Mütter­beratung und Säuglings­wiege­stunde an. Als Anreiz für die „neumodische“ Einrichtung verteilte der Frauenverein Lebensmittel; bedürftige Mütter bekamen außerdem einen Wochenkorb voll Babywäsche geliehen. Die hauptamtliche Schwester sorgte schließlich mit regelmäßigen Hausbesuchen für eine zusätzliche ambulante Betreuung vor Ort.

Während der letzten Kriegsjahre ging es der Bevölkerung durch mangelnde Nahrung zunehmend schlechter. In der Hobüschentwiete wurde deshalb von der Kriegsfürsorge eine Volksküche eingerichtet, bei der auch der Frauenverein mithalf und Portionen für Hilfs­bedürftige in den Pflegebezirken verteilte. Bei Kriegsende 1918 hatte der vaterländische Frauenverein seine erste Bewährungsprobe als wichtige Hilfsorganisation in Wedel bestanden.<link file:0></link>

1919 bis 1937

Das Amt der ersten Vorsitzenden ging 1918 auf Bertha Nelke über. Für sie und ihre Frauen begann nach dem Krieg eine schwierige Zeit, in der es an Hilfsbedürftigen nicht mangelte. Sie waren besonders drastisch von der schlechten Wirtschaftslage betroffen. Zur Linderung der größten Not richtete der Frauenverein in der Kellerküche der Apotheke in der Mühlenstraße ein Trinkfrühstück für alte Wedeler ein. Von 1920 bis 1925 wurde zudem eine deutsch-amerikanische Kinderspeisung organisiert und an Altrentner konnten regelmäßig Lebensmittelpakete ausgegeben werden. Die Betreuung der Kranken und Wöchnerinnen zählte nach wie vor zu den wichtigen Aufgaben des Frauenvereins.

Auch andere Einrichtungen wurden aktiv, um die Not zu lindern: Die Wohlfahrtsämter der Stadt, des Kreises und des Landes Schleswig-Holstein und die AOK – unterstützt mit Geld- und  Sachspenden durch Unternehmen wie die Vakuum-Ölfabrik und die Zucker­raffinerie. Mit guten  Ideen warb der Frauenverein um Unterstützung. So wurde in den zwanziger Jahren der „Margarethentag“ eingeführt. Tagsüber wurden Margeriten an die Wedeler verkauft, abends hieß es dann zu Gunsten des Frauenvereins: „Auf zum Margarethenball“ in Köhlers Gasthof an der Spitzerdorferstraße.

Trotz aller Unterstützung lähmte die Inflation 1922/23 zunehmend die Rotkreuzarbeit. Selbst die größte Geldspende, die der Ortsverein jemals erhalten hat – zwei Billionen Mark eines Herrn Cordes aus den Vereinigten Staaten – konnte an der Situation nicht viel ändern. Als das Geld in Wedel ankam, konnten die Frauen dafür gerade acht Pfund Reis erstehen. Durch die Inflation verlor der Frauenverein auch die hauptamtliche Schwester. Mehrere Billionen Mark Wochenlohn waren einfach zu teuer.

An wichtigen Hilfen konnte und wollte der Frauenverein auch in dieser kritischen Zeit jedoch nicht sparen: Zu Weihnachten gab es für über 100 Bedürftige auch weiterhin Lebensmittelpakete. Drei Jahre später wurde daraus sogar ein bald sehr beliebter Weihnachts-Kaffee, eine gesellige Veranstaltung im Gemeindehaus der Kirche mit Weihnachtssingen, Gedichten und plattdeutschen Geschichten.

Nach der Währungsreform konnte die Arbeit des Frauen­vereins intensiviert werden. So wurden Kinder­ver­schickungen organisiert. Es kamen Kinder aus dem Ruhrgebiet zur Erholung nach Wedel und einheimische Kinder und Mütter fuhren nach St. Peter Ording oder sogar in die Schweiz. Kleidung für Bedürftige gehörte auch dazu. Als 1930 das DRK-Mütter­erholungsheim in Eckernförde seinen Dienst aufnahm, eröffnete sich für arme Mütter eine einmalige Gelegenheit: Erstmals konnten sie von zuhause Urlaub machen und mussten nur ein Drittel der Kosten tragen. Den Rest übernahmen der Frauenverein und der Rotkreuz-Provinzialverband.

Die ersten zwanzig Jahre Wedeler Rotkreuzarbeit hatten eine bis dahin einzigartige Palette an Hilfsleistungen im Bereich Wohl­fahrtspflege und  soziale Betreuung hervorgebracht. Hier lag bis zum Beginn der 30er Jahre der Hauptakzent der Rotkreuzarbeit. Im kommenden Jahrzehnt sollte diese Arbeit durch die politischen Veränderungen in Deutschland tiefe Einschnitte erfahren.

Nach dem Tod von Bertha Nelke übernahm Dora Köhler den Vorsitz des vaterländischen Frauenvereins von 1930 bis 1932. Ihr folgten Anna Schultz (1932 bis 1935) und Käte Jürgens (1935 bis 1936).

Im Jahr 1931 gab es zum ersten Mal in der Wedeler DRK-Geschichte männliche Helfer; die Leitung hatte Richard Möhl. Sie dienten in einer eigenständigen Sanitätskolonne. Auch bei den Frauen kommen jetzt Aktivitäten auf dem Gebiet der Ersten Hilfe und des Sanitätsdienstes neben der Wohlfahrtsarbeit hinzu. Im Jahr 1935 mussten die DRK-Frauen auf Anordnung die ihnen lieb gewordenen Säuglings- und Wöchnerinnen­betreuung sowie die Altenbetreuung an den NS-Volks­wohl­fahrt abgeben, einen Wohlfahrtsverband der Nationalsozialisten. Doch Bedürftige und Rentner wurden auch weiterhin mit Lebens­mittelspenden durch die Rotkreuzfrauen versorgt.

1936 übernahm Irmgard Ladwig, die Frau von Bürgermeister Harald Ladwig, den Vorsitz des Frauenvereins. Es sollte ihre Lebensaufgabe in den folgenden Jahrzehnten werden. Sie stand 27 Jahre an der Spitze des Wedeler Roten Kreuzes und war über 50 Jahre in dem Verband aktiv.

1937 musste der vater­ländische Frauenverein in Wedel – wie alle anderen in Deutschland – aufgelöst und als Ortsgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes neu gegründet werden. Die Frauen wurden zur weiblichen Bereitschaft unter der Leitung von Luise Hufe zusammengefasst und bildeten Gruppen in einem Sanitätszug. Das war verbunden mit einer dreimonatigen Ausbildung zur Schwesternhelferin am Krankenhaus. Mit dieser organisatorischen Neubildung wurde die DRK-Ordnung der Aktiven eingeführt, wie sie in ihren Grundzügen auch noch besteht. Heute geht es allerdings nicht mehr so streng zu: Damals stand nämlich unter anderem strammes Exerzieren auf dem Ausbildungsplan.

Im Jahr 1937 übernahm die Sanitätskolonne der Männer den ersten vollmotorisierten Rettungsdienst mit einem von der Stadt Wedel beschafften Sanitätswagen. Der Sanitätskolonne wurden Wagen und Rettungsdienst mit der Auflage übergeben, für Wartung und Instandsetzung des Fahrzeugs zu sorgen und natürlich die Ausbildung für Fahrer und Beifahrer voranzutreiben. Im Jahr 1939 wurden dann auch die Männer als männliche Bereitschaft dem Wedeler DRK angegliedert.

1937 bis 1947

In den Kriegsjahren 1939 bis 1945 arbeiteten die DRK-Helferinnen und -Helfer oft bis zur Erschöpfung. Viele Wedeler Helferinnen betreuten Verwundete in Lazaretten, auf Transporten oder in Soldaten­erholungs­heimen weitab von ihrer Heimatstadt. Die in Wedel verbliebenen Helferinnen und Helfer versahen ihren Dienst in den Luftschutzbunkern und betreuten die immer größer werdende Zahl der Ausgebombten. Nach dem großen Luftangriff auf Wedel im März 1943 wurde aufopferungsvoll und nicht selten unter Einsatz des eigenen Lebens gearbeitet. „Es war eine schlimme Zeit“ erinnert sich die damalige Bereitschaftsführerin Margarete Suhr im Jahr 1984 im Alter von 87 Jahren. „Wir transportierten Verletzte und Proviant sogar über vermintes Wedeler Gebiet.“ Glücklicherweise ging alles gut. Ende 1944 trafen dann die ersten Flüchtlinge in Wedel ein und wurden von den Helferinnen in die Unterkünfte begleitet und mit dem Notwendigsten versorgt.

Nach dem Kriegsende ergab sich für das DRK Wedel eine verwirrende Situation: Auf der einen Seite gab es viel zu tun, auf der anderen Seite wurde das Rote Kreuz von den britischen Besatzungstruppen verboten und die meisten Unterlagen vernichtet. Damit ging ein unwiederbringlicher Informationsschatz verloren. Unter Leitung von Irmgard Ladwig entschied sich der Ortsverein dennoch zum Weiterarbeiten. Das DRK bezog seine erste Dienststelle in der Austraße 4 und verteilte von dort aus Lebensmittel und Kleidung an Ausgebombte und Flüchtlinge. 1946 wurde eine Nähstube für Flüchtlinge eingerichtet und eine Geschirrsammlung hatte einen überraschend guten Erfolg. Durch zahlreiche Spenden aus dem Ausland weitete sich die Verteilungsarbeit des DRK in den ersten Nachkriegsjahren mehr und mehr aus. Ab 1946 erfolgte diese Verteilung gemeinsam mit dem Gesundheitsamt in zwei Baracken am Rosengarten.

Die DRK-Helferinnen wirkten auch bei der schwierigen Arbeit im Suchdienst mit. Es wurden zahllose Gespräche mit teilweise gar nicht auskunftsfreudigen Flüchtlingen und Neuan­kömmlingen geführt, um die Schicksale von vermissten Familienangehörigen zu klären. Eine Arbeit, die bis heute noch vom DRK-Suchdienst in Hamburg und München fortgeführt wird.

1947 bis 1962

Langsam und stetig erholte sich Wedel von den Schrecken des Krieges. Im Juli 1947 beendeten die DRK-Aktiven den unklaren Vereinsstatus durch eine Neugründung. Zunächst wieder als Frauenverein des Deutschen Roten Kreuzes, der 200 Mitglieder hatte. Die Devise war: „Weitermachen wie bisher“. Die weibliche Gemeinschaft mit Margarete Suhr an der Spitze und die männliche Gemeinschaft, seit 1943 unter der Leitung von Friedrich Möller, verteilten die immer größer werdenden Hilfssendungen aus den USA, Schweden und der Schweiz. Auch eine Kinderspeisung, diesmal aus Schweden, wurde eingerichtet. Kinder­verschickungen nach Schweden und sogar bis 1969 in die Schweiz wurden vom DRK vermittelt. Kleider- und Möbelspenden fanden viele Abnehmer und eine große Kleidungs-Sendung aus Holland, die die gesamten Kellerräume der neuen Theodor-Storm-Schule füllte, war innerhalb von nur acht Tagen unter die Leute gebracht.

Bis weit in die fünfziger Jahre waren die DRK-Tätigkeitsberichte zur Jahres­haupt­versammlung mit Spendenlisten und –vergaben gefüllt. Erst mit der zunehmenden Gesundung der Wirtschaft ließ die Nachfrage nach und die Hilfsbedürftigen wurden weniger. Neben der Spendenverteilung unterstützte das DRK bei Impfungen, Reihenuntersuchungen und den schon bekannten Wiegestunden für Säuglinge das Gesundheitsamt. Auch die Kranken- und vor allem die Seniorenarbeit zählten nach wie vor zu den wichtigen DRK-Aufgaben. Erfolgreich bemühte man sich um die Integration von Spätheimkehrern und es wurden Lebensmittelpäckchen in die DDR geschickt. Auch die Erste-Hilfe- und Schwestern­helferinnen­ausbildung wurde vorangetrieben. 1957 übergab Irmgard Ladwig nach vielen wechselvollen Jahren ein „gutbestelltes DRK-Haus“ an ihre Nachfolgerin Luise Hufe als Vorsitzende des Ortsvereins.

1962 bis 1976

In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 überraschte eine sehr schwere Sturmflut die Menschen in Gebieten, die 100 Kilometer von der Nordsee entfernt lagen. Hamburgs Elbstadtteile, die Elbmarschen und auch Wedel meldeten „Land unter“. Hunderte Menschen starben, viele wurden auf einen Schlag obdachlos. Im Großeinsatz halfen die Wedeler DRK-Helferinnen und –Helfer, wo Not am Mann war. Sie richteten Notunterkünfte ein und gaben warme Essen und Decken aus. Wieder einmal bewährte sich das Kleider- und Möbellager. Geldspenden in einer Höhe von 135 000 Mark konnten durch das DRK verteilt werden.

Die Flutkatastrophe 1962 zeigte, dass der Katastrophenschutz deutlich verbessert werden musste. Gemeinsam mit allen wichtigen Hilfskräften (Feuerwehr, Polizei, DRK u.a.) wurde in den folgenden Jahren ein Zivilschutz aufgebaut. Die männliche Gemeinschaft, die seit 1959 von Bendix Möller geleitet wurde, stellte einen Zug im Zivilen Bevölkerungsschutz. Fast in jedem Jahr fand eine kreisweite Katastrophenschutz-Übung statt - im Jahr 1970 im Wedeler Tonnenhafen.

Neben dem Zivilschutz weitete sich in den sechziger Jahren auch das soziale Betätigungsfeld des DRK in der Stadt aus. Das Senioren-Weihnachtsfest lebte unter Mitwirkung des DRK wieder auf. 1966 begann das DRK – seit zwei Jahren wieder unter der bewährten Leitung von Irmgard Ladwig – für Senioren mit regelmäßigen Besuchen des Hansa-Theaters. Ebenfalls ab 1966 arbeitete das DRK beim Blutspendedienst mit; dreimal im Jahr wurde zur Spende gebeten. In jenem Jahr zog das DRK endlich aus den Rosengarten-Baracken in feste Räume um. Das heutige Stadtmuseum in der Küsterstraße wurde im April vom Ortsverein eingeweiht und diente als Treffpunkt der Bereitschaften und des DRK-Vorstandes.

1968 formierte sich – nicht zum ersten Mal – ein Jugendrotkreuz. Leider löste sich diese JRK-Gruppe nach verwaister Leitung später wieder auf. Heute ist das JRK jedoch wieder ein fester und sehr agiler Bestandteil des Roten Kreuzes in Wedel.

Im Jahre 1970 vollzog sich an der DRK-Spitze eine personelle Wende: Irmgard Ladwig und Margarethe Suhr legten ihre verantwortungsvollen Ämter nieder. Die weibliche Bereitschaft übernahm Herta Rosenberger und die männliche Bereitschaft wurde weiter von Bendix Möller geführt. Erstmals in der Geschichte des DRK in Wedel übernahm mit Bruno Voigt ein Mann den Vereinsvorsitz. Der Ortsverein hatte zu dieser Zeit 700 Mitglieder, darunter 50 Männer.

Anfang der 70er Jahre rückte die Kleiderausgabe noch einmal in den Vordergrund. Jetzt waren es vor allem Gastarbeiter, die versorgt werden konnten. Auch die Seniorenbetreuung wurde im Verbund mit anderen Wedeler Hilfsorganisationen in der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohl­fahrtspflege  erheblich erweitert: 1971 wurde die ambulante Essen­ver­sorgung „Essen auf Rädern“ ins Leben gerufen. In Zusammenarbeit mit Sozialarbeiterinnen und Gemeindeschwestern kümmerte sich das DRK um die ständig wachsende Zahl Senioren, insbesondere mit  seinem ambu­lanten Pflege­dienst.

Nach dem Tode von Bruno Voigt übernahm Bürgermeister Dr. Fritz Hörnig 1974 die DRK-Spitze. In seiner Amtszeit sollten vor allem in der Alten- und Sozialarbeit neue Akzente gesetzt werden. Noch im gleichen Jahr wurden die ersten Altenseminare des DRK in der Strandbad­gast­stätte veranstaltet. Diese Seminare werden jetzt – einmalig in Schleswig-Holstein - ununterbrochen seit 35 Jahren durch Ursula Kissig organisiert, seit 1977 in der DRK-Begeg­nungs­stätte in der Rudolf-Höckner-Straße. Neben der Strandbad­gaststätte betrieb das DRK zusammen mit der DLRG eine Unfall-Hilfsstelle für die damals noch zahlreichen Badegäste an der Elbe. Die Eröffnung des DRK-Kindergartens in der Flerrentwiete setzte 1975 einen weiteren Meilenstein in der DRK-Entwicklung. Dieser Kindergarten wird heute vom DRK-Kreisverband Pinneberg betrieben.

Schon aus der Zeit von Bruno Voigt und Dr. Fritz Hörnig gehört zum Selbstverständnis des DRK in Wedel die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände. Diese führt bei wechselndem Vorsitz unter anderem alljährlich Weihnachtsfeiern für alle über 75 Jahre alten Mitbürger im Schulauer Fährhaus durch.

 

Im Januar 1976 bewährte sich das Katastrophenschutzsystem des Kreises Pinneberg bei der zweiten großen Sturmflut. Die DRK-Helfer unter der Leitung von Günter Roska hatten alle Hände voll damit zu tun, Obdachlose in  Notunterkünften unterzubringen und sie zu verpflegen. Am Ende zweier stürmischer Nächte konnte man aufatmen: Die Katastrophe war gebannt. Da die Strandbadgaststätte bei dieser Flut stark beschädigt wurde, mussten die Altenseminare in das Sportrestaurant in der Rudolf-Breitscheid-Straße verlegt werden.

1976 bis 1990

Ab Mitte der 70er Jahre entwickelte sich der Ortsverein unter der Leitung von Dr. Fritz Hörnig und zu einer modernen Wohlfahrts- und Hilfsorganisation. Von der Stadt Wedel wurde das Grund­stück Rudolf-Höckner-Straße 6 für den Bau der dann 1977 eingeweihten Begegnungsstätte zur Verfügung gestellt.

Das modern gestaltete Gebäude diente allen internen Gruppierungen des Ortsvereins als Arbeits-, Veranstaltungs- und Tagungsort. Für die Senioren­arbeit wurde die Begegnungsstätte zum Grundstein für das seitdem vielfältige Angebot, das das eng mit dem Namen Ursula Kissig verbunden ist. Fast zeitgleich konnten die DRK-Gemeinschaften aus den Räumen in der Küsterstrasse in den hinteren Teil des Wohngebäudes Rudolf-Höckner-Straße 6 umziehen und die DRK-Kleiderkammer im Erdgeschoss einrichten.

Die DRK-Sozialstation nahm 1978 ihre Arbeit auf, um viele der DRK-Hilfeleistungen für die ambulante Versorgung von Senioren, Kranken und Behinderten durch haupt-, neben- und ehrenamtliche Kräfte zu koordinieren. Fünf Jahre später gründeten mehrere Verbände der freien Wohlfahrtspflege zusammen mit dem DRK-Ortsverein die „Sozialstation Wedel“, um die ambulanten sozialen Dienste weiter zu bündeln. Die Räume der  Sozialstation im ersten Stock des hinteren Gebäude­kom­plexes waren jedoch nicht zufriedenstellend, da diese für Gehbe­hinderte und Rollstuhlfahrer kaum erreichbar waren. Nachdem 1982 mit der Stadt ein Erbbaurechtsvertrag für das Gesamtgrundstück Rudolf-Höckner-Straße 6 geschlossen werden konnte, waren auch die Sanierung und der Umbau des vorderen Gebäudes mit finanzieller Hilfe der Kommune möglich. Dort nimmt heute die DRK-Sozialstation ihre Aufgaben wahr.

Nach dem Vietnamkrieg übernahmen 1980 die Kommunisten die Macht. Viele Menschen mussten um ihr Leben fürchten und es begann die große Flucht. Es gab nur den Weg über das Wasser.  Mit teils kleinen Booten, versuchten die Flüchtlinge, die Küste Malaysias oder Indonesiens zu erreichen, wo Auffanglager errichtet worden waren. Von dort wurden sie aufnahmebereiten westlichen Ländern zugeteilt.

Auch Wedel wurden 32 Flüchtlinge zugeteilt. Einvernehmlich erteilte die Stadt Wedel dem örtlichen DRK, namentlich Ursula Kissig, den Auftrag, sich der Aufnahme der Flüchtlinge anzunehmen. Von der Stadt wurden ein abrissreifes Haus in der Rolandstraße („Altes Drögehaus“) bereitgestellt sowie zunächst zwei freistehende Wohnungen der „Neuen Heimat“ in der Friedrich-Eggers-Straße angemietet.

Eine wohl einmalige Flut an Spendenfreudigkeit und des Mitgefühls folgte dem Aufruf des DRK zur Hilfe bei der Beschaffung von Mobiliar aller Art und der vielen Dinge des täglichen Lebens. Sie wurden gebraucht, da   diese Flüchtlinge buchstäblich nur das hatten, was sie auf dem Leibe trugen. Nach ihrem Umzug in  Wohnungen der Neuen Heimat stand das Erlernen der deutschen Sprache im Vordergrund. Stadt, Volkshoch­schule und DRK einigten sich auf einen intensiven Schulungskurs für alle Vietnamesen, also sowohl für Erwachsene als auch Jugendliche und Kinder. Die vom DRK für Vorstands- und Gemeinschafts­arbeiten genutzten Räume der ehemaligen Uhl’schen Schreiner­werkstatt in der Rudolf-Höckner-Straße 6 wurden zu Schulungs­räumen umgestaltet. Der Unterricht begann zunächst mit dem gerade examinierten Pädagogen Peter Jochimsen, der bis zur Abschlussprüfung lehrte. Nach und nach kamen, vorwiegend auch um dem Alter und den Begabungen der gemischten Gruppe gerechter werden zu können, noch vier Lehrkräfte hinzu. Nach Ablauf des geplanten halben Jahres folgte die Abschluss­prüfung mit Zertifikat.

Danach konzentrierte sich die Arbeit von Ursula Kissig auf die schon erfolgreich begonnene Suche nach deutschen Patenschaften für möglichst alle Vietnamesen, sowie die Suche nach Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Beides konnte erfolgreich bewältigt werden.

Aus ursprünglich 32 Personen wurde durch Familienzusammen­führung, -zuwachs und Zuzug von Freunden ein Freundeskreis von etwa 80 Vietnamesen in Wedel, die alle einvernehmlich mit allen Mitbürgern hier leben. Eine absolut vorbildliche Form der Integration! Darüber hinaus erhielten später nach Wedel zugezogene vietna­mesische Bürger erste notwendige Hilfen durch ihre ortsansässigen Landsleute; auch sie fühlen sich integriert.

Ursula Kissig wurde am 28. September 1988 „in Würdigung ihrer Verdienste um das allgemeine Wohl“, u.a. für ihre Tätigkeit bei der „von der Stadt Wedel dem DRK übertragenen Versorgung und Betreuung von Asylbewerbern und Kontingentflüchtlingen (Vietnamesen)“ von Bundes­präsident Dr. Richard von Weizsäcker mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

1981 bis 1982 beteiligte sich der Ortsverein an der Hilfe für das in Not geratene Polen. Dabei wurde die Sammlung von Geld- und vor allem von Sachspenden, insbesondere Medikamente für Krankenhäuser und Nahrungs­mittel sowie Bekleidung für Organisationen und Einzel­personen, unterstützt. Auch in Eigenregie wurden Pakete verschickt.

Ebenso engagierte sich das DRK in der Jugendpflege. Hierzu gehörte 1983 bis 1985 die Betreuung bedürftiger schulentlassener Schüler, indem bei der zur Beschaffung von Berufskleidung geholfen wurde. Im Anschluss wurde 1986 im Zuge von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) insbesondere für Jugendliche das „DRK-Jugendwerk Wedel“ gegründet. Dabei wurde eine Möbeltischlerei in der Holmer Straße 48 eingerichtet. In dieser erhielten schwer vermittelbare Jugendliche eine vorübergehende Beschäftigung. Der Höchststand wurde 1988 mit zehn be­schäftigten Jugendlichen und zwei angestellten Betreuern erreicht. 1990 lief das Beschäftigungsprogramm aus und die Werkstatt wurde geschlossen.

1991 bis 2009

Es sollte bis 1994 dauern, bis der Rettungsdienst und auch der Katastrophenschutz aus ihren Übergangs­baracken in ein eigenes dauerhaftes Domizil umziehen konnten. Unter dem Vorsitz von Bürgervorsteher konnte 1993 ein altes Bauernhaus in der Pinneberger Straße 92 auf Erbpacht erworben werden. Bis auf die vordere Wohnung war das Gebäude in einem sehr maroden Zustand. Nach intensiven Planungsarbeiten für eine Nothilfestation begann der Umbau Ende 1993. Zuvor hatten Mitarbeiter des DRK in ehrenamtlicher Arbeit verschiedener Gebäudeteile abgerissen. Im Sommer 1994 wurde das Gebäude fertig gestellt und in Betrieb genommen. Es bietet im ersten Stock Räume für den kommunalen Rettungsdienst und für den Rettungsdienst des DRK-Ortsvereins. Schlafräume sind getrennt, Küche und Bäder werden gemeinsam genutzt. Eine vom Haus aus zugängliche Halle für die Rettungswagen, Unterkunft für die DRK-Katastrophen­schutzeinheit inklusive  eigener Halle für Geräte und Kraftfahrzeuge, ein großer Versammlungsraum mit Küche für Schulungen, Tagungen und Besprechungen ergänzen das Raumangebot. In den Vormittags­stunden werden hier die Schulkinder der Moorwegschule betreut. Zwei Mietwohnungen und drei eingebaute Einzimmer-Appartements komplettieren das Gebäude.

Ebenfalls im Jahr 1994 übernahm der Ortsverein im Auftrag der Stadt die Betreuung der Senioren in dem städtischen Gebäude in der Rudolf-Höckner-Straße 2 – 4. Das Konzept für das „Betreute Wohnen“ wurde unter Mitarbeit des Roten Kreuzes entwickelt. Seit 1994 arbeiten dort zwei Betreuerinnen für die etwa 20 Bewohner. Das „Betreute Wohnen“ ist in dieser Art die optimale Form des Lebens im Alter in eigener Wohnung; über einen wünschenswerten Ausbau wird zurzeit nachgedacht.

Die späten 90er Jahre standen im Zeichen der Konsolidierung. Bei der Sicherstellung und Erneuerung der Bausubstanz sowie der Aktualisierung des Fahrzeugparks wirkte Otto Schäfer weiter als Schatzmeister mit. Ihm ist es zu verdanken, dass der Ortsverein heute über ein gesundes finanzielles Fundament sowie über ein ausgeklügeltes Buchungssystem verfügt.

2001 gab Joachim Reinke nach zwölf Jahren den Vorsitz an Neumann-Silkow ab. Unter seiner Leitung wurde die erfolgreiche Arbeit der ehren­amtlichen Mitarbeiter aller Altersgruppen in den Einrichtungen auf einer finanziell soliden Basis weitergeführt. Auf seine Initiative hin wurde der zweite Rettungswagen des Ortsvereins vollgepackt mit Medika­menten und medizinischem Bedarf nach Albanien verschenkt.  Auf dem Land ist dieser dort noch heute als RTW im Einsatz.

Unter Führung von Peter Meier, seit 2004 Vorsitzender des Ortsvereins, konnte der bunte Mix im Konzept der Begegnungsstätte durch einen Vertrag mit der Stadt Wedel abgesichert werden. Damit stehen die von Ursula Kissig organisierten beliebten Montagsseminare, die Spielgruppen um Skat und Bingo, die Treffen der Radfahrgruppe und der Internettreff für Senioren – um nur wenige Angebote zu nennen – vor einer positiven Zukunft und können auch weiterhin von den Damen der Gemeinschaft I mit Annegret Behrmann an ihrer Spitze betreut werden.

2008 erwarb der Ortsverein von der Stadt das neben der Dienststelle liegende Wohnhaus mit 18 Wohnungen, in dem vom DRK im Auftrag der Stadt das „Betreute Wohnen“ betrieben wird. Die Wohnungen in diesem Haus sind – ebenso wie die in unserem Gebäude in der Reepschlägerstraße 21/21 a – sozial gefördert.

Heute wirkt der DRK Ortsverein Wedel in vielen Bereichen für die  Bevölkerung der Stadt Wedel. Zu nennen sind die Begegnungsstätte mit Ihren vielfältigen Aktivitäten und Fahrdiensten,  der Katastrophenschutz, der Rettungsdienst, das Jugendrotkreuz, der ambulanter Pflegedienst, die Kleiderstube, das Mitwirken beim sozialen Wohnungsbau, der Blindenbuchdruck sowie unsere Mitarbeit beim DRK-Blutspendedienst.